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AUDIO ANSICHTEN
Montag 29.2.2016

Akustische Sprachkunst von Miel Wanka - in Korrespondenz mit Esther Dischereit

Zeitraum der Literarischen Produktion: Mai 2014 - Mai 2015

Erste Öffentliche Präsentation: Juni 2015 Ort: Künstlerhaus Wien

Präsentation der modifizierten Installation: Februar 2016

Das Verstehen verstehen - Ein Werk über den ERSTEINDRUCK


Alles begann als postalische Korrespondenz zwischen zwei Literatinnen in zwei Städten, Esther Dischereit in Berlin und Miel-Amelie Wanka in Wien. Man schrieb sich Alltagsbeobachtungen, philosophische Reflexionen und poetische Spielereien, tauchte momentweise in die Gedankengänge der anderen Perspektive ab, ohne den Kontext näher zu kennen, ohne bei Unklarheiten nachzufragen, mit den eigenen Vorstellungen und der fremden Fantasie alleingelassen, die zur Antwort auffordert. Dann warten. Auf das, was zurückkommt. Wieder eine sprachlich verschlüsselte Botschaft, eine Idee oder Perspektive - wie lange, bis sie ankommt - bis sich Vorstellungen zu Worten ausformen, tausend Kilometer zurücklegen, gelesen werden - aber was wird davon schon verstanden?

Esther Dischereit und Miel-Amelie Wanka saßen beide in ihren jeweiligen Erfahrungshorizonten, suchten aus den Geisteswüsten ihrer Begriffsmengen jene Landschaften zu kartografieren, die sich intuitiv überlagern ließen. Bilder und Texte reisten aufeinander zu und beeinflussten die Haltungen dialogisch. Einzelwerke zweier Künstlerinnen. Eine fortlaufende Geschichte. Eine Serie von Eindrücken. Ein Kaleidoskop an Perspektiven. Sicherlich ergaben sich unterwegs viele Kollisionen und Missverständnisse. Und weil wir uns gerade für sie am meisten begeistern konnten, mussten diese auf einer Meta-Ebene offengelegt werden.

Und wie wird diese Untersuchung aus dem halböffentlichen Raum der Postsendung heraus einem Publikum zugänglich gemacht? Ich empfange eine Karte, eine gedankliche Landschaft, ich interpretiere sie, erst, bilde mir eine Meinung, habe ganz andere Erfahrungen, wenn ich mich wieder entscheide, zu senden, empfange ich eine neue. Die dem Ersteindruck nach vielleicht gar nicht auf meine Haltung eingeht. Die nicht niedergeschreibenen Gedanken werden Stimmen im Orchester unserer Ansichten.

Wir haben den mentalen Dekodierungsprozess in einer Audio-Aufnahme eingefangen. So roh und ungekünstelt wie möglich, haben wir einander beim Denken zugehört. Jede Karte ein track, jeder track ein one-take.

So viel formale Rohheit erwächst natürlich aus einem fein gesponnenen Konzept. Mit einer Mischung aus verständnisloser Weltabgewandtheit und hämischer Freude an der eigenen Unerklärlichkeit, wurde diese Chinesische Gedankenmauer zum Ausgangspunkt der theoretischen Vogelperspektive über dem Werk:
Ich sage Dir etwas, weil ich eine andere bin als Du.
Wenn wir davon ausgehen, dass wir nicht alle Ausdruck der selben Strukturformel (Gleichung), derselben Entität sind, grob umrissen vielleicht mit dem Namen Evolution, dass vielmehr jeder von uns ein eigenständiges Individuum mit persönlichem Ego verkörpert, das den gemeinsamen Erfahrungshorizont perspektiviert und vermittels eines "Ichs" in eine subjektive Innerlichkeit übersetzt, die wiederum ihre Zustände und Befindlichkeiten in Welt zu übersetzen und beizutragen sich zur Aufgabe macht, woher kommt die Geschichte, und auf wie vielen Ebenen spielt sie? Welche Kombinationen ergeben welchen Sinn? Interpretieren - Senden - Empfangen - Interpretieren; INTERPRETATION ist das zentrale Thema, um das sich die seltsame Schleife dieser Arbeit windet.



Miel-Amelie Wanka
Geboren wurde ich 1987 in Wien und wuchs hier zweisprachig auf (Tschechisch-Deutsch). Meine Gymnasialzeit verbrachte ich im Stiftsgymnasium der Benediktiner zu Melk, wo ich 2005 maturierte. Ich studierte Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst (Studienabschluss als BA im April 2015) und Germanistik an der Uni Wien, spiele und entwickle Theaterstücke und verschiedene dramatische Formate (u.a. MIMAMUSCH Theaterfestival im Ragnarhof; Labor für Kreatives Theater im WUK Wien), drei Jahre lang war ich im Redaktionsteam des Literatur-Schundblatts "Das Vierblättrige Kloblatt", habe ursprünglich Werbung gelernt (Werbe Akademie Wien, Abschluss 2009). Neben Berufserfahrung in Unipolitik, Regie-Hospitanz und Assistenz (Theater in der Josefstadt 2014 und Max Reinhardt Seminar 2015), Textpraktika in Werbeagenturen (Bluetango, CCP,Heye, Haslinger,Keck) habe ich 2010 auch ein Sommerpraktikum in der Ö1 Radio-Wissenschaftsredaktion absolviert.
Esther Dischereit
(* 23. April 1952 in Heppenheim, Bergstraße) ist eine deutsch-jüdische Lyrikerin, Essayistin, Erzählerin und Theater- und Hörstückautorin und wird als wichtige Stimme der zweiten Generation nach dem Holocaust rezipiert. Seit 2012 lehrt Esther Dischereit als Professorin an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. 2014 Einladung auf das Das Blaue Sofa auf der Buchmesse in Leipzig mit dem Buch Blumen für Otello. 2009 erhielt Esther Dischereit den Erich-Fried-Preis in Wien. 2008 gewann Esther Dischereit die Ausschreibung für ein akustisches Holocaust-Denkmal für die Stadt Dülmen in Westfalen. Die 55 Klangzeichen auf dem Eichengrünplatz in Dülmen werden in dem Band Vor den Hohen Feiertagen gab es ein Flüstern und Rascheln im Haus dokumentiert. Im Mai 1993 wurde Esther Dischereits Hörspiel Rote Schuhe als Hörspiel des Monats ausgezeichnet.